
Manchmal sind es Begegnungen, die unser Bild verändern – und die das Herz so anrühren, dass sie verdienen erzählt zu werden. Begegnungen, die Zweifel verwandeln in Vertrauen – und anfängliche Skepsis in tiefe Verbundenheit. Eine solche Geschichte hat im August begonnen, als Rafaat in seine Ausbildung zum Anlagenmechaniker SHK bei TBD startete – im Einsatz zum Wechsel von Wasserzählern mit unserem Kollegen Heiko.
Zwölf Jahre alt war Rafaat, als seine Familie aus Krieg und Angst vor dem Regime in Syrien floh und nach Deutschland kam. Ein völliger Neuanfang in der Fremde, in einem ihm unbekannten Land mit einer ihm unbekannten Sprache. In einem Land, das ihm über die Jahre zur neuen Heimat geworden ist, und dessen Sprache ihn immer noch herausfordert. Heute ist Rafaat 17. Noch immer sucht er manchmal schüchtern lächelnd nach Worten, ringt mit Grammatik, manchmal brechen seine Sätze ab, bevor sie fertig sind. Aber wo ihm Sprache fehlt, spricht sein Wesen: aufmerksam, tatkräftig, voller Herz.
Warum Skepsis auftauchte und schnell verschwand
An Rafaats Seite stand von Anfang an Heiko – ein Koloss von Kerl, muskelbepackt, kraftvoll, mit der Präsenz eines Riesen. Einer, der im ersten Moment Respekt einflößt – und der sein Herz am richtigen Fleck hat, aber auch auf der Zunge trägt. Als er gebeten wurde, Rafaat zum Start in die Ausbildung mitzunehmen, zuckte schon ein Hauch von Skepsis in ihm auf. „Man fragt sich schon, wie gut die Verständigung klappen wird, was ist, wenn Worte fehlen, wenn mehr Tempo gefragt ist“, sagt Heiko.
Die Skepsis verschwand noch deutlich schneller als sie kurzzeitig aufgetaucht war. „Auch wenn noch nicht jedes Wort sitzt: Der Junge hört ganz genau zu und beherzigt, was man sagt. Er ist ruhig, unglaublich nett, er passt auf – und er macht das alles extrem gut. Er lernt schnell, er wird selbst immer schneller. Hut ab. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass er ja überhaupt keine Vorerfahrung hatte“, lobt Heiko.
Fahrdienst zum Zahnarzt, Hilfe bei Handyproblemen
Mehr noch, aus kollegialem Miteinander wurde tiefe Verbundenheit über die Arbeit hinaus. Weil der 17-Jährige noch keinen Führerschein hat, hat Heiko ihn Morgen für Morgen abgeholt und nach Feierabend wieder zuhause abgesetzt. Beide wohnen in derselben Kleinstadt. Mehr noch: Als Rafaat zum Zahnarzt musste, hat Heiko ihn hingefahren und wieder abgeholt. Kurz darauf bekam der 17-Jährige eine neue SIM-Karte für sein Handy, und plötzlich streikte dessen Technik. Der Anruf beim Kundenservice des Anbieters forderte Rafaat. „Weil ihm ein paar Worte fehlten, habe ich dann gefragt, ob ich versuchen soll zu helfen und habe dann mit dem Kundendienst-Mitarbeiter gesprochen – und wir haben das Problem schnell lösen können“, sagt Heiko.
„Wenn man sich mag, hilft man sich doch gern. Und Rafaat ist ein richtig guter Junge. Hat das Herz am richtigen Fleck. Er ist freundlich, höflich, er will und packt an. Und dann macht das auch richtig Spaß. Wenn einer keine Lust hat, über die Strenge schlägt oder völlig desinteressiert rumluschert, da kann ich auch mal deutlich werden. Wenn einer aber will, dann helfe ich, wo immer ich kann“, sagt Heiko, der selbst vor einem Jahr noch einmal eine neue berufliche Herausforderung bei uns gesucht und gefunden hat, nachdem er zuvor jahrzehntelang in einem großen Industriebetrieb für die Instandhaltung der Rohrsysteme sowie Feuerlöschsysteme zuständig war.

„Datt hest‘ mooi maakt, Jung.“
Beeindruckt hat Heiko: Rafaat will. Der 17-Jährige beobachtete von Anfang an jedes Detail. Wie Heiko die Handgriffe setzte, wie er das Werkzeug anfasste, wie er die Abläufe strukturierte. Er sog es auf wie ein Schwamm, fragte kurz, merkte sich viel, packte zu. Und packte selbst an. „Wir wechseln uns ab“, sagt Heiko.
Wenn Rafaat dran ist, steht Heiko hinter ihm, beobachtet jeden Handgriff, seelenruhig, aber aufmerksam. „Dreh die Zange nochmal andersrum, dann hast Du nen besseren Hebel“, sagt Heiko. Rafaat folgt. „Zack! Top. Richtig klasse, und jetzt einmal hier dagegenhalten. Prima. Datt hest‘ mooi maakt, Jung.“ Neben Fachwissen kann Rafaat sogar Plattdeutsch beim Urostfriesen Heiko lernen.
Nicht nur Wissen, auch die Verbindung bleibt
Und schon nach wenigen Tagen reichte er die richtigen Teile im richtigen Moment. Ohne Worte, fast instinktiv. Und so waren da Zwei unterwegs, die einander verstanden – durch Tun, durch Blickkontakt, durch gegenseitiges Gespür. Zangen, Dichtungsringe, Zähler, Plombe zum Verplomben der neuen Wasseruhr, benötigte Dinge: die Handgriffe sitzen.
Es ist diese leise Selbstverständlichkeit, die berührt: Jemanden mitnehmen. Für jemanden da sein, mit offenen Augen und Armen. Helfen, wo es nötig ist – ohne große Worte. Rafaat und Heiko zeigen uns, was Handwerk im tiefsten Sinn bedeutet: Es ist mehr als Technik, mehr als Routine, mehr als Präzision. Handwerk ist Miteinander. Es ist Lernen, Helfen, Vertrauen. Und manchmal ist es die Geschichte zweier Menschen, die unterschiedlicher kaum sein könnten – und die einanderdoch auf Anhieb verstehen.
Und auch wenn Rafaat inzwischen mit neuen Kollegen unterwegs ist, neue Projekte in unserer Haustechnik-Sparte anpackt und mitgestaltet: „Ich habe unglaublich viel in den Tagen mit Heiko gelernt, das hat mich wirklich weitergebracht“, sagt der
17-Jährige. Und nicht nur das gewachsene Wissen und die erlernten Fähigkeiten bleiben – auch die tiefe Verbundenheit der Beiden, die dem Jugendlichen den Einstieg bei uns so erleichtert hat. Und im Miteinander mit den Kollegen wird Rafaat immer sicherer, lernt auch sprachlich rasant dazu. So wenige Worte man manchmal bei der Arbeit auch braucht, wenn die Handgriffe so gut sitzen, dass man sich fast blind versteht.